Montag, 12. März 2018

Cannelloni Al Benga

2017 bei Freunden zu Besuch in Italien. Eine Journalistin und ein Künstler. Sie leben in einem Wohnwagen auf dem Camping-Platz Monti e Mare - Berg und Meer. Ein Schritt aus dem Wohnwagen auf die Terrasse. Ein wunderbarer Blick über das Meer.

Ca. 40 Minuten Marsch in die nächstgelegene Ortschaft Albenga. Der Ortskern, umgeben von einem Burgwall. Drinnen drängen sich Häuser auf engstem Platz. Sie stützen sich gegenseitig ab, um nicht umzufallen. Diese Häuser sind durch Rohrleitungen reich geschmückt: Cannelloni Al Benga!

Okay: gelogen! Auf dem Weg nach Albenga kann man an einer alten Kaserne vorbeikommen. Dort findet man dieses schöne Ensemble:


Den Musiker in mir fasziniert diese Anordnung natürlich besonders:


Wasserleitungen, Gasleitungen, Stromleitungen: Alles scheint an der Hauswand angebracht und verschwindet bestenfalls im Haus. Selten kommt es vor, dass etwas aus dem Haus heraus kommt, wie in diesem Bild:


Die Hauswand scheint grundsätzlich einen rosafarbenen Anstrich zu haben. Die bläuliche Verfärbung unterhalb des Wasserhahns scheint durch Feuchtigkeit entstanden zu sein. Exakt diese Farben finden sich in der Rohrleitung wieder.


Love is a gas! Auch wenn sich die Liebe in Albenga, wie fast überall in Norditalien, mehr im Rahmen der eigenen Nationalität abspielt. Jedenfalls sehen die wenigen sichtbaren Flüchtlinge in der Stadt sehr verloren aus und sind kein integraler Bestandteil der Gesellschaft. Da es in Italien meines Wissens nach wenig Angebote zur Integration - beruflich wie privat - gibt, verkaufen viele Flüchtlinge an den Stränden illegal allerlei Tand: Von bedruckten Badetüchern über Armbändern bis zu Fidget Spinnern, die in Italien viel früher auf den Markt kamen als in Deutschland, wahrscheinlich ebenso schnell wieder "Out" waren und deren Zweck mir bis heute rätselhaft geblieben ist. Aber um zur Liebe zurückzukehren: Amadou, ein ehemaliger Farmer und Flüchtling aus - ja woher war er noch? Sierra Leone? - hat meiner Freundin und mir, nachdem er uns wirklich genervt hatte am Tag zuvor, Freundschaftsbändchen geschenkt. Sie halten immer noch - ebenso wie unsere Liebe!


Wie bereits im vorherigen Bild angedeutet, eigene sich außen angebrachte Rohrleitungen nicht nur für den Transport von Wasser und Gas, sondern bieten auch vorzügliche Befestigungsmöglichkeiten für Stromkabel.


Dieses Motiv hat mich auf die Idee gebracht, diese Bildreihe zu fotografieren. Ich saß in einer kleinen Piazza an der Stadtmauer und fand zunächst die Hausfarbe interessant. Dann sah ich, dass die Bäckerei im Haus den Namen meiner Tochter trägt. Übrig geblieben vom gesamten Bild ist dieser Ausschnitt, nur um zu beweisen, wie wenig sentimental ich bin und ich in dieser Reihe der Form mehr Gewicht beimesse als dem Inhalt.


Deshalb nutze ich bei diesem Bild die Horizontale, um so die Wirkung einer abstrakten Landschaft - eine meiner Leidenschaften - zu erzeugen, obwohl es gewiss um 90 Grad gedreht werden müsste.


Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei Blau Blau Pflanze Rost Blei


Ein Graffiti. Allein, einsam, vereinsamt, aber auch einzig: Sola!


Aber was will uns der Künstler sagen? Eine "einzige Scheiße"? Aber was? Oder ist Einsamkeit scheiße? Allein sein ist beschissen? Mir fehlen die italienischen Sprachkenntnisse. Er hat - von seinem Standpunkt aus betrachtet - sicher recht!


Rosa und Blau scheint DIE Farbe zu sein, wenn es um Hauswand und Rohrleitung geht. Gegebenenfalls liegt hier ein geschlechtsspezifischer Kontext vor? Oder soll die blaue Rohrfarbe anzeigen, dass es sich um ein Wasserrohr handelt? Kaltwasser? Ich habe auch nirgendwo eine Rohrleitung gesehen, die auf Heißwasser hindeutet. Vermutlich wäre es auch unsinnig, eine Heißwasserleitung außen an der Hauswand anzubringen. Aber man denke an das Farbspiel...

Holz E. von Bald (2018)

Samstag, 14. April 2012

.reflexionen mal 3

Genau vor 10 Jahren habe ich gemeinsam mit der Foto- Künstlerin Katja Hammerle eine Ausstellung gemacht.

Auf dieser Seite möchte ich die kurzen lyrischen Texte gemeinsam mit den dazugehörigen Fotoarbeiten archivieren. Die dritte Reflexion, die Musik, die ich eigens komponiert und produziert habe, möchte ich für dieses Mal zurückstellen. Sie entspricht nicht mehr meinen Vorstellungen.

.narziss

sehe diese augen
hätten mich fast
aufgefressen
wären's nicht meine

schnellschnellschnell
was aufgetragen
würd' mich wundern wenn...
... heut' nacht zu derben

beats reisse ich mir einen
gespielen (aus dem rudel)
lasse in zappeln zwischen
meinen klauen

so wehrhaft und doch
verloren moschusduft
hab' keine angst, mein
mäuschen

ich bin's nur

.endlosschleife

lichter menschen
großstadt dorf global
leben flimmert
bewegung
beat dirigiert von fremden
taktstöcken
clicksncuts
endlosschleife
disziplinierte körper ohne
gesichter streifen sich
dresscodes
formulieren das gemüt
wie nah' musst du mir kommen
bis du mich siehst

.stille

käm' ich
an einen ort der stille
ich müsste
zuvor den lärm
dieser welt
durchdringen
so dass selbst die stille
zu höre wär'

ich käm' allein
mit dem pochen meines
blutes
dem rhythmus meines
atems
hinein in die stille
bis...

ich muss zur ruhe kommen

.in circles

haben wir verlernt
still zu stehen
sind wir ständig in bewegung
biegen wir uns nach dem wind
streben wir vorwärts

weichen demutsvoll
zurück verbeugen
uns vor den jahren
drehen uns im kreis
irgendwann erkennen wir

bewegung ist
immer auch stillstand
wir ahnen
die anwesenheit von zeit
wir denken das konstrukt

Montag, 24. August 2009

.echos kindheit

wär ich geboren als frau
ohne eigene stimme
ohne recht auf meinen körper
ohne widerworte
müsst ich lächeln
starre miene, ein spiel
ich verfüge über ein
repertoire der gefälligkeit
müsst ich wohl erzogen sein
im eigenen kerker
würde ich ausbrechen
was wäre ich dann?
der zwang findet sein ventil
ein spezielles wohl
ist’s besser?
ich weiss es nicht
so lächle ich weiter
um zu gewinnen
und nutze das erlernte
mein repertoire
lasse mir stopfen
das loch in meiner seele
eine alte socke
kaputt und ausgeleiert
bin hungrig nach dem leben
hungrig nach der welt
schenk sie mir, denn sie ist
doch nur gestohlen
in meinem unmut
meiner unbestimmtheit
klaube ich zusammen
was am boden liegt
ich stehle und ich sammle
verdorbenes, vergorenes
manchmal süssen wein
den ich mir einverleibe
nur um ihn dann zu kotzen
zu saugen und zu speien
der menschwerdung zyklus
es ist nie genug
es ist mir zuwider
und recht zugleich
die mir innewohnende macht
lädt ein zum spiel
gefüttert sein
geborgen sein
hat seinen preis
und ich zahle ihn gern
mein name sei echo
und der wind, mein
verschmähter liebhaber,
trägt mich fort dereinst.